Die goldene Linde

Wen man von Bärn auf dem alten Verbindungswege nach Bautsch geht und die Höhe hinter Altliebe auf dem Roten Berg erreicht hat, sieht man am Wege zwischen Basalttrümmern eine alte vom Winde zerzauste Linde stehen, die „goldene Linde“. Über den Ursprung dieser Bezeichnung erzählt man:

Ehemals ging alljährlich von Bärn ein Wallfahrtszug zum Gnadenorte Altendorf in der preußischen Grafschaft Glatz. Als einst – es war wohl im letzten Jahrzehnt des achtzehnten Jahrhunderts – ein solcher in dem Gasthause eines preußischen Dorfes über Nacht blieb, gesellte sich ein alter Invalide zu den Wallfahrern und als er vernahm, dass sie aus Bärn kämen, fluchte er weidlich auf diese Gegend, denn er hatte im Gefecht bei Domstadtl ein Bein verloren. Auch hatte er dort vor seiner Verwundung einen Schatz verborgen, den er nun wegen seiner Krüppelhaftigkeit nicht holen konnte. Die Wallfahrer glaubten, einen Aufschneider zu hören und achteten seiner Rede nicht. Nur ein Bursche, der Sohn eines Bärner Wirtschafters, horchte aufmerksam hin; er machte sich an den Invaliden heran, trank ihm fleißig zu, und suchte von ihm den Ort zur erfahren, wo der Schatz liege. Der Branntwein löste dem Alten die Zunge; er wurde redselig und erzählte, er habe ein Fässchen mit Goldstücken bei einer alten Linde auf dem höchsten Punkte des von Bärn nach Bautsch führenden Weges vergraben. Der Baum sei leicht zu finden, denn es lägen große Steinblöcke um ihn herum; wenn ihn jemand dahin führe, wolle er es ihm reichlich lohnen. Die Wallfahrer kehrten in die Heimat zurück; an die Erzählung des Invaliden dachten sie nicht weiter, ausgenommen der Bursche, der sich so genau um den Ort gekümmert hatte, auf dem der Schatz vergraben worden war. Er suchte danach und fand ihn nach längeren mühevollen Grabungen. Seitdem heißt die Linde auf dem Roten Berge die „goldene Linde“.