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In der gesamten Altvaterheimatlandschaft wurde Schlesisch gesprochen. Wobei das Verbreitungsgebiet des Schlesischen viel größer war, wie das Theaterstück des Nobelpreisträgers Gerhart HauptmannDe Waber“ belegt. Es handelt sich dabei um einen ost-mitteldeutschen Dialekt (wie Thüringisch oder Sächsisch), dadurch ist er in vielen Formen nahe an der heutigen Schriftsprache. Beispielhaft hier ein lustiger Spruch aus dem Kreise Jägerndorf: „Wemm’r Potter off’n Koop hoht, do soll m’r nie ei d’r Sonne tanzen geh’n.“ 

Einen allgemeinen Eindruck vom Schlesischen vermittelt die Wortliste: Wortliste.

In einem zentralen Gebiet der Altvaterlandschaft finden sich aber auch oberdeutsche (bairische, fränkische) Einflüsse. Sie rühren auch von einer komplexen Kolonistationsgeschichte mit Siedlern aus verschiedensten Herkunftsländern her. Jedoch können anhand der Dialektart keine genauen Rückschlüsse darauf gezogen werden. Mundarten werden nämlich auch von Zugezogenen übernommen und es ist oft zufällig, welches Wort sich wo erhält.

Heute gibt es nur noch ein kleines Refugium des Schlesischen in der BRD, nämlich die Oberlausitz. Es unterscheidet sich zwar deutlich von der Mundart im Altvaterland, aber auch die schlesischen Übereinstimmungen sind deutlich. So findet sich in beiden Regionen „och“ bzw. „ock“ für „nun, doch, bloß“ und das „noh“ bzw. „nu“ für „ja“. Hier eine Hörprobe Oberlausitzer Munderart.

Schwierig ist die Verschriftlichung der Mundart. Dazu war schon 1815 in der Zeitschrift Moravia Nr. 59 zu lesen: „Die Bewohner des Gesenkes (= Gebirgszug der Altvaterlandschaft) sprechen mit vollem Munde, langsam, bedächtlich, und mit starker Stimme. Um ihre wahre Aussprache auf dem Papier auszudrücken, müßte man vor allem andern zwey neue Vocales (Selbstlaute) aufnehmen. Der eine wäre das Mittel zwischen e und i, und der andere das Mittel zwischen o und u. So wird z.B. Hund weder Hond noch Hund, sondern gleichsam ‚Hound oder Huond‘, ausgesprochen, nämlich, mit einem dazwischen liegenden Vocal, dessen Aussprache nur ihren Zungen eigen ist.“

Allgemein ist beim Lesen etwas Wichtiges zu beachten, dass ü häuftig wie i und ö häufig wie e zu lesen sind! Früher war dies Allgemeingut.

Wer die Begegnung mit Mundartsprechern sucht, dem seien zwei Termine empfohlen:
  • Die jährliche Mundarttagung des Freundeskreises sudetendeutscher Mundartfreunde findet meist im Feber oder März am Heiligenhof, dem sudetendeutschen Tagungszentrum in Bad Kissingen statt. Die Teilnahme ist kostenlos. „Neueinsteiger“ sind dort herzlich willkommen.
  • Beim jährlichen sudetendeutschen Tag an Pfingsten gibt es Mundartlesungen.
Hörbeispiel:
  • Audio-Produktion Spielvogel, Erwin (Audio-Produktion im MP3-Audio-Dateiformat): "Gedechtla vo Derhäme". Schlesische Mundartgedichte von Franz Karl Mohr und Adolf Sohmen, gelesen von Elisabeth Paiziel (Die komplette Audioproduktion und die zugehörigen Texte sind kostenlos herunterladbar. Hier geht es zur Tonaufnahme: https://www.eston-studio.de/Demo-CD803062/index.html)
  • Ein Video der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik e.V. informiert über die Geschichte einer heimatverbliebenen Familie. Sie berichten in der Mundart des Ortes Bergstadt. Hier geht es zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=kPVpqXao6Jw
  • Die CD „Rund um den Altvater“ ist beim Heimatkreis Mährisch-Schönberg erhältlich.

Für jeden Ort mit einer Schule sind die Wenkerbögen eine besondere Quelle. Im ganzen Deutschen Reich wurden meist von den Schullehrern diese Bögen ausgefüllt. Im Sudentenland waren es zwischen 1926 und 1933 beachtliche 2854 Formulare mit jeweils denselben 40 Sätzen und 28 Vokabeln, die in Mundart übertragen werden mussten. Alle Bögen sind heute im Internet frei verfügbar. Das Herunterladen des Bogens ist zwar nur mit Anmeldung möglich. Jedoch kann man die Bilddatei auch ohne Anmeldung öffnen und dann ein Bildschirmfoto machen (https://regionalsprache.de/Wenkerbogen/Catalogue.aspx).

Hier zum Vergleich zwei dieser Sätze aus jeder Kreisstadt:

Es hört gleich auf zu schneien, dann wird das Wetter wieder besser. / Vorlage
S härt schun auf ze schnein, dernoch wirds Water weder bessr. (bessr) / Bärn
S hert glei auf zu schnein, danochtrn wirds Watr wieder besser. / Freudenthal
S härt glei uf zu schnein, druochdann wärds Water wiedr bässr. / Freiwaldau (Kursiv im Original doppelt unterstrichen.)
S hert glei oof ze Schnein und danochdan werts Waata weedr bessa. / Jägerndorf
’s hert glei auf zu schnein, dou wirts Water weder bess(e)r. / Römerstadt
’s wird glei aufhêrn zu schneid'n und danochtern wird’s Wäta wîda bessa wêrn. / Sternberg
’s werd glei aufhern zu schein und danne werd's wieda scheen. / Troppau

Thu Kohlen in den Ofen, daß die Milch bald an zu kochen fängt. / Vorlage
Ga (läg) Kohln ein Ofn, doß de Mellich ze kochn ofängt (o = oa) 
/ Bärn
Tu Kohln ein Ofn, doß de Melich bald zu kochn ofängt. 
/ Freudenthal
Tu Kohle ein Ufa, dôß de Mélch (Mélich) glei ôf’änkt zu kóchn! 
/ Freiwaldau (ô im Original ein o mit einem Rundbogen und ä und ’ zusammen.)
Tu Kohl ain Ofen, dass de Mellich balde oanfängtze kochn. / Jägerndorf
Tu Köjn ein O(u)f(e)n, dåß de Mellich bäjt zu kochn åfängt.
/ Römerstadt
Tu amol Koul’n onlegn, daß die Milich bold kucht!
/ Sternberg
Tu a bissel Kohlen in Ofen nein schmeißen, dăß die Milch balde kocht! ă (Ausgesprochen zwischen a und o ). 
/ Troppau

Weiteführende Literatur:
  • Atlas der historischen deutschen Mundarten auf dem Gebiet der Tschechischen Republik (ADT)
  • Habel, Eva (Hrsg.): Auswärts. Mundartliches aus Böhmen, Mähren und Sudentenschlesien, München 1999 (Darin Gedichte: 2 aus Sternberg, 3 aus Freiwaldau, 3 aus Jägerndorf; eine CD ist dazu auch erschienen.)
  • Heeger, Viktor: Hans Kudlich. Ein schlesisches Bauernstück aus der Robotzeti in 3 Akten, Freudenthal 1914. Lesen Sie hier: Online-Buch
  • Mitzka, Walther: Schlesisches Wörterbuch, Berlin 1963
  • Sudetendeutsches Wörterbuch – Wörterbuch der deutschen Mundarten in Böhmen und Mähren-Schlesien (in Lieferungen 1982 ff., bislang 4 Bände)
  • Lowag, Josef: Geschichtla vom Förster Benedix. 20 mundartliche Humoresken aus dem Jägerleben des Altvatergebirges, Freudenthal 1920. Lesen Sie hier: Online-Buch
  • Lowag, Josef: J. Lowags Gesammelte Schriften. V. Band. Aus der Heimat. 22 heitere Erzählungen in schlesischer und normährischer Mundart. Freudenthal 1907. Lesen Sie hier: Online-Buch 
Wer sich für historische Tonaufnahmen interessiert, dem sei die Datenbank für gesprochenes Deutsch (DGD) empfohlen (Die Datenbank erfordert nur aus rechtlichen Gründen eine einmalige Registrierung. Die Anmeldung wird nur gestattet, wenn man angibt an einer Forschungsinstitution, z.B. als Student zu arbeiten. Hat man sich angemeldet, dann kann man unter „seinem Heimatort“ suchen: 1. Man geht auf den Reiter „Recherche“ und wählt den Punkt „Metadaten“ an. 2. Nun wählt man bei „Deskriptor“ über die Pfeile „S: Mundartort (Ortsname)“ aus. 3. Im dann erscheinenden Suchfeld tippt man den gewünschten Ort ein. 4. Anschließend klickt man auf „Suche starten“.):
https://dgd.ids-mannheim.de/dgd/pragdb.dgd_extern.welcome